Ziel des 1,96 Meter großen Innenverteidigers, der im Jahr 1996 in Kamerun geboren wurde und im Alter von 10 Jahren nach Deutschland kam, ist der Sprung in die Erste Mannschaft der Blues.
Einen Tag vor dem Spiel der Blues gegen QPR am 17. Oktober 2015 stellte sich Emmanuel Mbende in einer der Logen im St. Andrew’s den Fragen der BiG-Mitglieder Tom Kleine und Russell
Poyner.
Wie kam der Wechsel zu Birmingham City zustande?
EM: Nach sieben Jahren in der Jugendabteilung von Borussia Dortmund stand nun der Sprung in den Seniorenfußball an. Ich stand vor der Überlegung, für die Zweite Mannschaft des BVB in der Regionalliga zu spielen oder ins Ausland zu wechseln. Da einige Menschen in meinem Umfeld der Meinung sind, dass ich ein Spielertyp für die „Insel“ bin, kam das Angebot von Birmingham City genau richtig.
Wie waren die ersten Wochen in Birmingham?
EM: Richtig klasse. Ich wurde hervorragend aufgenommen und sehr schnell integriert. Das hatte ich so nicht erwartet. Birmingham ist eine sehr interessante Stadt. Die Innenstadt rund um den Bullring gefällt mir sehr. Am Anfang hatte ich etwas Schwierigkeiten mit dem Brummie-Akzent, aber das meiste verstehe ich schon (lacht…).
Wo wohnst Du?
EM: Ich stand vor der Wahl, alleine zu wohnen oder in einer Gastfamilie. Ich habe mich bewusst für die Gastfamilie entschieden. Nur so kann ich das Leben in England und den Alltag in Birmingham besser kennenlernen. Ich wohne in Northfield, ganz in der Nähe des Trainingsgeländes. Zum Glück bin ich nun ein Teil dieser aufregenden Stadt.
Wie waren die ersten Tage in der Nachwuchsabteilung?
EM: Schon anders als in Dortmund. In Birmingham treffen wir uns schon morgens zum gemeinsamen Frühstück auf dem Trainingsgelände. Danach Training, wieder Essen. Hier macht man viel mehr gemeinsam. In Dortmund trafen wir uns meistens erst nachmittags zum Training.
Wo liegen die Unterschiede in den Trainingseinheiten?
EM: Eigentlich sind die Unterschiede gar nicht so groß. Der Fußball ist doch eigentlich überall gleich. Im Jugendbereich geht es zunächst einmal um das Erlernen der Basics. Ballannahme, Passen und so etwas. Das dürfte auf der ganzen Welt gleich ablaufen. Hier in England spielt die Physis eine große Rolle. Da geht es auch schon im Training der Nachwuchsteams körperlich zur Sache. Zudem legt U21-Coach Richard Beale großen Wert auf die Verbesserung der persönlichen Fähigkeiten. Nach jeder Team-Einheit stehen im Training für mich individuelle Einheiten auf dem Programm. Mal ist es ausschließlich Kopfballtraining, mal nur 1 gegen 1. So kann ich mich jeden Tag ein Stück verbessern.
Hast Du Kontakt zur Ersten Mannschaft und Manager Gary Rowett?
EM: Ja, klar. Das ist hier bei Birmingham City eng verzahnt. Ich trainiere öfters bei der Ersten Mannschaft mit.
Welche Ziele hast Du bei Birmingham City?
EM: Mein Ziel ist es, den Sprung in die Erste Mannschaft zu schaffen. Je schneller, desto besser. Dafür trainiere ich jeden Tag hart. Die Konkurrenz auf der Innenverteidiger-Position ist natürlich sehr groß. Dennoch möchte ich mich bei Birmingham City durchsetzen. Das habe ich nun selbst in der Hand.
Interessiert Dich die Geschichte von Birmingham City?
EM: Selbstverständlich habe ich mich über die lange Geschichte dieses Vereins informiert. Nur so kann ich doch ein Gefühl für diesen Traditionsverein bekommen. Ich weiß, dass viele junge Spieler ihre erfolgreiche Karriere hier bei den Blues begonnen haben.
Wo liegen für Dich die größten Unterschiede zwischen dem Alltag in Deutschland und dem in England?
EM: Das kann ich nach vier Wochen, in denen ich nun in England lebe, noch nicht einschätzen. Mein erster Eindruck ist, dass die Unterschiede gar nicht so groß sind. Es kommt immer darauf an, wie man aufgenommen wird und wie man sich selbst verhält. Bis jetzt bin ich sehr zufrieden in Birmingham.
Wie hältst Du den Kontakt zu Deiner Familie in Deutschland aufrecht?
EM: Ich telefoniere täglich mit meinen Eltern und mit meinen drei jüngeren Geschwistern in Bochum. Und in Zeiten von Internet, E-Mails, Facebook und so weiter ist das ja alles kein Problem mehr.
Du hast einen interessanten Lebenslauf. Bitte erzähl uns von deiner Vergangenheit.
EM: Ich wurde 1996 in Kamerun geboren. Im Jahr 2006 bin ich mit meinen Eltern nach Deutschland gezogen. Da war ich zehn Jahre alt. In Deutschland war in dem Jahr die
Fußball-Weltmeisterschaft. Das hat mich echt fasziniert. Wir sind nach Bochum gezogen, wo meine Familie noch heute lebt. Die afrikanische Kultur hat mich natürlich geprägt. In Kamerun habe ich
französisch gelernt. In Deutschland deutsch und englisch, so dass ich einige Sprachen sprechen kann, was mir hier in Birmingham natürlich sehr hilft. In Bochum habe ich die Europaschule, ein
bilinguales Gymnasium, besucht, wo ich auch das Abitur gemacht habe.
Wie siehst Du vor dem Hintergrund Deiner eigenen Geschichte die derzeitige Flüchtlingssituation in Deutschland?
EM: Ich hatte das Glück, damals nach Deutschland zu kommen, ohne Bedürfnisse zu haben und war damit im Gegensatz zu den Flüchtlingen heute nicht in einer Notsituation. Ich denke, dass Deutschland gerade jetzt ein Beispiel dafür ist, dass ein Miteinander gut verlaufen kann. Wenn man sich allein die Zahl der Flüchtlinge, die derzeit nach Deutschland kommen, anschaut, dann ist das gegenüber anderen Ländern bemerkenswert. Ich denke, dass Deutschland eine friedliche Lösung für das Miteinander mit den Flüchtlingen finden wird. Es ist klar, dass jeder Anfang schwer ist. Aber ich bin fest überzeugt, dass es in der Flüchtlingsfrage in Deutschland weiter vorwärts gehen wird.
Hast Du während Deiner Jugend in Deutschland Erfahrungen mit Rassismus gemacht?
EM: Ich wurde in Deutschland sehr gut aufgenommen und hab eigentlich nur positive Erfahrungen gemacht. Weder in der Schule noch beim Sport habe ich Erfahrungen mit Rassismus machen müssen. Ich denke, wir leben in einer Welt, in der diese Dinge einfach keine Rolle mehr spielen dürfen. Natürlich hört man hier und da mal ein paar Wörter, aber man weiß, dass es in manchen Situationen nur Spaß ist. Wichtig ist, dass es, wenn es wirklich drauf ankommt, die Hautfarbe keine Rolle spielt oder wo man herkommt.
Kannst Du schon den Text von KEEP RIGHT ON?
EM: Noch nicht, aber das werde ich bald draufhaben (lacht…).
Eine letzte Frage: Du hast sieben Jahre lang das gelb-schwarze Trikot des BVB getragen und spielst nun in den Farben des größten Dortmunder Rivalen, in Blau und Weiß. Wie groß war die Umstellung?
EM: Am Anfang war das schon sehr komisch. Aber ich werde mich ganz bestimmt daran gewöhnen (lacht…).
Wir bedanken uns bei unserem sehr sympathischen Gesprächspartner Emmanuel Mbende für dieses wunderbare Gespräch im St. Andrew’s. Unser Dank gilt auch dem Verein Birmingham City FC und David Boston für das Zustandekommen des Interviews.
Wir wünschen Emmanuel alles Gute für die Zukunft und hoffen, dass dieser tolle Sportler und Mensch eines Tages im Trikot der Ersten Mannschaft das Spielfeld des St. Andrew’s betreten wird.
KEEP RIGHT ON, Emmanuel!
"Blues sign up Emmanuel Mbende"
(bcfc.com, 29.09.2015)
(Birmingham Mail, 29.09.2015)
(transfermarkt.de, 29.09.2015)
"Birmingham City sign ex-Dortmund defender"
(bbc.com, 29.09.2015)